Berlins Ballett-Flüsterin

Foto: Sylvain Guillot

Optisch zart. Die ganze Erscheinung filigran. Wer sie kennenlernt, wird jedoch von ihrer Stärke, ihrem Mut, ihrem Ehrgeiz und ihrem Willen umgehauen. Franziska Rengger ist eine Ballerina mit eigenem Tanzstudio in Berlin. Die Aufführungen ihrer Schüler*innen füllen regelmäßig namhafte Kultur-Tempel wie die Berliner Philharmonie. 

Ballett ist der rote Faden, der sich durch das gesamte Leben der heute 49-Jährigen zieht. Gerade 17 Jahre alt schwebt Franziska Rengger als Elevin über die Bühne der renommierten Deutschen Oper Berlin. Fünf Jahre tanzt die gebürtige Schweizerin als festes Ensemble-Mitglied. Als Ballerina bezaubert sie das Publikum in sämtlichen Klassikern ob in ‚Schwanensee‘, ‚Giselle‘, ‚Dornröschen‘ oder im ‚Nussknacker‘. Ein bitter-süßer Erfolg. Denn für den abendlichen Applaus muss sie tagtäglich hungern. Sie wiegt 46 Kilo bei 1,68 Zentimetern. Man verspricht ihr: Die Karriere geht weit nach oben, wenn das Gewicht weiter runter geht. Mit 21 rebelliert sie gegen diese Fremdbestimmung: Sie isst normal, verliert ihren Job. Einen Plan B sah ihr Werdegang nicht vor. Liebevoll fördern ihre Eltern ihr Talent, wo sie es nur können. Sie darf eine Züricher Ballettschule besuchen. Die normale Schule abbrechen. Das war damals so üblich. Heute würde sie jedem davon abraten. Sie schafft den Sprung nach London und wird als Teenager an der Royal Ballet School aufgenommen, einer der Top 10 Ballettschulen der Welt. Als Einzige aus diesem Jahrgang darf sie im Birmingham Royal Ballet tanzen. Alle großen Bühnen stehen ihr offen. Die Deutsche Oper in Deutschlands Hauptstadt ruft. 

Doch der Traum, auf den Franziska Rengger mit eiserner Disziplin so viele Jahre hingearbeitet hatte, löste sich plötzlich in Luft auf. Reflexartig flieht sie aus dem Trubel Berlins in die Beschaulichkeit der Schweizer Heimat. Nach wenigen Wochen hat sie einen neuen Plan A. Im Mittelpunkt natürlich Ballett. Und sie zieht zurück nach Berlin. Hier, genau hier will sie es allen beweisen. Sie will ihr Wissen weitergeben. Sie absolviert eine Ausbildung als Tanzpädagogin, bildet sich in zahlreichen Unterrichtsmethoden weiter, erlernt die berühmte Vaganova-Methode. Mit 25 hat sie alle Skills parat, ist die Zeit reif für ihren großen Schritt: 2000 gründet sie ihr Tanzstudio Zehlendorf, finanziert aus eigenen Ersparnissen und geborgtem Geld von ihren Eltern. Sie bietet neben Ballett auch Jazzdance, Streetdance sowie Hip-Hop an. Schnell ist sie als Tanzpädagogin und Unternehmerin erfolgreich. Ihr Studio gewinnt mit ihren Choreografien zahlreiche Auszeichnungen und Preise, wird zu Berlins Nummer-1-Adresse. Für ihren Ballett-Nachwuchs lässt sie sich Außergewöhnliches einfallen. Bis zu sieben Mal im Jahr dürfen ihre Schülerinnen das Erlernte in der Philharmonie in eigens organisierten Ballett-Programmen zeigen. Solche Chancen motivieren ungemein. Auch auf dem Berliner Presseball gehören ihre Tänzerinnen seit Jahren zum Programm. Für den 12. Oktober 2025 bereitet Franziska Rengger eine mehrstündige Tanz-Gala für alle Berliner in der Urania vor. Natürlich mit Ballett. 

www.ballett-zehlendorf.de

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