Drinks mit regionalen Zutaten im Neuköllner Velvet

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Foto: Giovani Giuseppetti

Zwischen Karl-Marx-Straße und Stadtbad Neukölln wartet eine der spannendsten Bars darauf, entdeckt zu werden.

Im Februar feierte das Velvet seinen ersten Geburtstag. Wir trafen Damien Guichard, den französischen Barchef, um mit ihm über „sein Baby“ zu sprechen. Mit dabei: Theo Ligthart, Gründer des Freimeisterkollektivs, dessen Spirituosen es nicht nur im Velvet gibt.

Die beliebtesten Cocktails?

Das sind immer andere, weil die Getränkekarte jede Woche wechselt. Die Zutaten machen es: Im Januar wurde beim „Hoppegarten Shuffle“ Meerrettich aus Schmergow an der Havel eingesetzt, zusammen mit Aquavit, Pommeau, Gin, Schlehengin und Minzgeist. Sehr gern bestellt wurde der „Waterpouring Man“, für den die Barkeeper einen selbst hergestellten Apfel-Shrub, schottischen Whisky und Zitrone verwendeten.

Besonderheiten bei den Cocktails?

Foto: Velvet

Sauerampfer, schwarzer Knoblauch und Himbeerwein? Regionale Zutaten bitte! Der „Underdog“ z. B. besteht aus einem Rubinettencordial aus Schmergower Rubinett- Äpfeln, Rum, Manzanilla, Zitrone, Sellerie und Champagner. Brennnesseln aus Vorpommern setzt Damien beim „Nettle Gimlet“ zusammen mit Menorquinischem Gin, Limettencordial, Minzgeist und Sake ein. Saisonales steht im Vordergrund, wenn jeden Dienstag die Produktion aus Rohzutaten anläuft. Dann werden Beeren, Äpfel, Quitten und Rhabarber zu einem Shrub oder Pürree verarbeitet oder fermentiert. In der Küche des Velvet finden sich Laborgeräte wie Zentrifuge und Rotationsverdampfer, mit dem man ganz klare Extrakte destillieren kann. Barbesitzer Robert Havemann wollte seine Bar gern mit einem Labor kombinieren. „Nichtalkoholische Getränke sind gerade unser großes Thema“, so Theo Ligthart, der das Crafts Spirit Festival „Destille Berlin“ gegründet hat. Weil der Platz im Velvet begrenzt ist, produziert sein Freimeisterkollektiv die mit Damien gemeinsam entwickelten Produkte wie Pflaumen- und Apfel- Sellerie-Shrub inzwischen auf dem Land. Getreu der „Farm to Shaker“-Bewegung bringt das Freimeisterkollektiv die Berliner Barkeeper in Austausch mit den Schnapsbrennern der Region. Ob „Mahembe“, der zusammen mit The Barn entwickelte und in Österreich gebrannte Kaffeegeist, der Amaro-Kräuterlikör oder ein Salbeigeist – die mittlerweile 23 Produkte des Freimeisterkollektivs kommen in 30 Berliner Bars zum Einsatz.

Das günstigste und das teuerste Getränk?

Alkoholfreie Limonaden, hergestellt aus eigenem Sirup und Infusionen, gibt es für 7 Euro. Ein Old-Fashioned mit japanischem Hibiki Suntory Whisky kostet 25 Euro.

Fass- oder Flaschenbier?

Pale Ale von Berliner Berg und Bier aus der Brauerei Aying in Bayern. Beides aus der Flasche und gut geeignet als „Zwischenbier“.

Was gibt es zu essen?

Nüsse zum Knabbern.

Die Einrichtung?

Theo Ligthart und Damien Guichard – Foto: Gerald Backhaus, 2018

Trotz dunkler Wände ist es ziemlich hell. Im Velvet fühlt man sich wohl, egal ob man allein, zu zweit oder zu dritt auftaucht. Der Tresen ist wirklich groß, und gerade dort möchten die meisten Platz nehmen. Es gibt sogar Gäste, die sich vom Tisch an die Bar umsetzen, was woanders meistens genau anders herum geschieht. Gegenüber der Bar hängt ein Ölgemälde mit Maria und Jesuskind. Über eine Treppe kommt man in ein separates Hinterzimmer. Insgesamt hat das Velvet 50 Sitzplätze, im Sommer stehen auch ein paar Tische draußen auf dem Trottoir. Ungewöhnlich ist die Platzierung von Bar und Tresen: Wo kann man durch die Rückwand der Bar hinaus auf die Straße schauen?

Musik?

Hier laufen Blues und Jazz, kein Hiphop und Techno. Wochentags ist es ruhiger, während am Wochenende ab und zu Hits der 80er-Jahre gespielt werden.

Kundschaft?

Laufkunden gibt es nur wenige, „wir sind eine Ziel-Bar“, so Damien. Das Velvet hat viele Stammkunden, besonders junge Leute Anfang 30 kommen gern vorbei. Viele wissen, dass regionale Zutaten verarbeitet werden, und müssen nicht über die wöchentlich wechselnde Karte aufgeklärt werden.

Betreiber?

Damien Guichard (30) stammt aus der Nähe von Avignon und kam vor fünf Jahren als Übersetzer für Englisch und Französisch nach Berlin, um sein Deutsch zu verbessern. Ein Schulfreund brachte ihn zur Arbeit hinter dem Tresen. Bevor er im Velvet aus regionalen Zutaten Cocktails machte, arbeitete er in der Redwood Bar, im The Antlered Bunny und im Tier. Damien war Barchef im Marques. Er wurde zum Newcomer des Jahres bei den Mixology Bar Awards 2018 nominiert. Ab April empfängt er Gäste in seiner neuen Bar in der Krausnickstraße in Mitte. Dort soll neben herzhaften Cocktails auch „richtiges Essen“ angeboten werden.

Zukunft?

„Weitermachen und besser machen“, lautet Damiens Credo. Außerdem möchte er noch mehr Produkte zusammen mit dem Freimeisterkollektiv entwickeln.

Geöffnet?

Mittwochs bis sonntags ab 20 Uhr. Es geht hier „bis spät“, d. h. frühestens um 2 Uhr ist Schluss. Reservieren kann man über Facebook. Keine Gruppen über acht Personen.

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