Mangelnde Materialversorgung setzt Immobilienpreise unter Druck

In den aktuell veröffentlichen Ergebnissen des „Global Construction Monitors“, der vom internationalen Immobilienberufsverband RICS (Royal Insitution of Chartered Surveyors) alle drei Monate erhoben wird und die Stimmung innerhalb der Baubranche widerspiegelt, zeigt es sich derzeit deutlich: Ein makroökonomischer Gegenwind belastet zunehmend das Baugewerbe in den meisten Teilen der Welt.

In Deutschland fiel demnach der Gesamtindex der Bautätigkeit von +34 auf +8. Auch bei den Zwölfmonatsprognosen im Bereich private Wohnimmobilien sank der Nettosaldo im Quartalsvergleich von +80 % auf +10 %. Als Gründe für diesen getrübten Ausblick werden von 87 Prozent der Befragten deutschlandweit steigende Materialkosten als ein großes Hindernis für die Bautätigkeit bezeichnet und sogar satte 93 Prozent geben an, dass die Materialengpässe die Baubranche derzeit behindern. Zukünftig gehen die Umfrageteilnehmer in Deutschland davon aus, dass die Materialkosteninflation erhöht bleibt. In den nächsten 12 Monaten prognostizieren knapp 9 Prozent einen weiteren Anstieg in diesem Bereich. Da stellt sich die Frage, wie die weiterhin hohe Nachfrage nach dem Gut Immobilien zufrieden gestellt werden kann, und wie sich die Preise zukünftig entwickeln werden. Die Antwort der deutschen Partner des international agierenden Maklernetzwerks Sotheby´s International Realty sind sich einig und gehen davon aus, dass die Materialversorgung die Immobilienpreise langfristig unter Druck setzen könnte.

Ein Blick zurück: Mit verzögerten Lieferketten und steigenden Preisen für Waren und Güter haben zunächst pandemiebedingte Probleme in der Wertschöpfungskette die Schlagzeilen in den letzten zwei Jahren dominiert. Aufgrund des seit Ende Februar andauernden Ukraine-Krieges hat sich die Situation erheblich verschärft. Das wirkt sich vor allem auf den Bau neuer Häuser aus und betrifft besonders das Baumaterial Holz, so dass die durchschnittlichen Verkaufspreise in die Höhe getrieben werden. Für Bauträger kann ein Preisanstieg bei Baumaterialien, der durch einen anhaltenden Arbeitskräftemangel zusätzlich noch verstärkt wird, das gesamte Kalkül eines Projekts verändern. Der aktuell verschärfte Energiepreisanstieg wirkt sich zudem auf beispielsweise den Materialtransport aus. 

Laut Sotheby´s International Realty zeigt sich das besonders in der aktuell zurückgehenden Nachfrage sowohl nach renovierungsbedürftigen Objekten als auch nach Grundstücken, die neu bebaut werden könnten. Deswegen steigen derzeit auch die Preise bei Bestandsimmobilien, die keiner Renovierung bedürfen. Die verzögerte Fertigstellung von Gebäuden bedeutet, dass das Eigenkapital der Bauträger in bestehenden Projekten gebunden bleibt, anstatt in neue Projekte investiert zu werden, was wiederum die Pipeline an Neubauten weiter verengt und Bauträger vor die Frage stellt, ob neue Projekte überhaupt zu finanzieren sind. All´ dies sind weitere Faktoren, die den Bestand verknappen und die Immobilienpreise in die Höhe treiben. „Leider werden die zusätzlichen Baukosten in der Lieferkette an den Verbraucher weitergegeben“, resümieren die deutschen Partner von Sotheby´s International Realty. Zeitgleich ist aber die Nachfrage nach Premiumimmobilien generell gestiegen, weil die Menschen mehr Geld für Wohnen ausgeben als vor der Pandemie. So konnte im Jahr 2021 das globale Netzwerk von Sotheby´s International Realty ein Rekordverkaufsvolumen von 204 Milliarden US-Dollar erzielen, was einer Steigerung von 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (150 Milliarden US-Dollar) entspricht. Gründe dafür sind das Wiederaufleben der Nachfrage nach Premiumimmobilien in Metropolen sowie steigende Verkaufsaktivitäten in Sekundärmärkten und Feriendestinationen weltweit. 

Auf dem deutschen Investmentmarkt nimmt auch nach Angaben des Deutschen Anlage-Immobilien Verbundes (DAVE) der Druck deutlich zu. Dabei sind die eindeutigen Gewinner Top-Produkte. In der Vergangenheit war die Marktgängigkeit vieler Objekte aufgrund der Niedrigzins-Phase gegeben. „Diese Zeiten sind jetzt vorbei. Immobilien, die den aktuellen Top-Anforderungen an Ausstattung und Lage nicht mehr erfüllen, sind somit die Verlierer. Hier gehen die Preise runter“, erläutern die DAVE-Partner. 

DAVE betont, dass die Immobilienpreise in der Vergangenheit zinsgetrieben gestiegen sind. Das Thema gehört laut Immobilien-Verbund nun der Vergangenheit an. Auch bei den Verkäufern macht sich derzeit die Unsicherheit darüber breit, ob der richtige Zeitpunkt zum Veräußern verpasst wurde. Nach DAVE-Angaben sind aufgrund steigender Zinsen, Inflation sowie Unsicherheiten aufgrund des Ukraine-Krieges auch die Eigenkapitalanforderungen der Banken gestiegen. Jetzt gilt es, sorgfältiger abzuwägen, in welche Objekte sich eine Investition lohnt.

Nachfrage weiterhin hoch bei knappem Angebot

Der aktuelle Immobilienzyklus hat – so DAVE – also seinen Höhepunkt erreicht, gleichzeitig sind die Erwartungen bei den Eigentümern bei einem möglichen Verkauf nach wie vor hoch. Die Hauptursachen für das Erreichen des Plateaus liegen dabei in den steigenden Zinsen, den bevorstehenden Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen und den wachsenden Baukosten, die fast doppelt so schnell anziehen, wie die schon hohe Inflation. „Außerdem führt die zunehmende staatliche Regulatorik zu einer generellen Verunsicherung bei sowohl institutionellen als auch privaten Anlegern“, erläutert DAVE.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Während der deutsche Immobilienmarkt also nach wie vor hoch begehrt ist, kann diese Nachfrage nicht im Mindesten bedient werden. Verstärkt wird die aktuelle Situation zudem durch die erwähnten Faktoren wie Inflation und steigende Baukosten sowie die mangelnde Materialverfügbarkeit. Außerdem führt der Ukraine-Krieg zu erhöhten Energiekosten. „Gerade, wenn aufgrund der Inflation die Nachfrage enorm ist, und steigende Zinsen mehr Liquidität für Finanzierungen bedingen, so müssen Engagements und Investitionen besonders unter die Lupe genommen werden, und man sollte ganz genau hinschauen, was man erwirbt“, sind sich die Immobilienexperten sicher.

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