Sind Implantate immer die richtige Lösung?

Eleni Kapogianni ist Fachärztin für Oralchirurgie, zertifizierte Implantologin und Parodontologin aus Charlottenburg. Die an der Charité ausgebildete Expertin kommt immer dann zum Einsatz, wenn andere aufgeben wollen.

Frau Kapogianni, Sie haben nicht nur eine etablierte Praxis an der Fasanenstraße, sondern sind auch Gutachterin bei der Zahnärztekammer Berlin. Kann man sich an Sie wenden, wenn ein Behandlungsfehler durch einen Kollegen vorliegt?

Foto: Roland Münter / www.leibfotografe

Im Normalfall kommen Patienten, die Gutachten erstellen lassen möchten, direkt in die Praxis. Meine Bereiche betreffen alle chirurgischen und implantologischen Behandlungen. Es erfolgt zunächst eine Einschätzung der Situation. Oft entpuppen sich die Umstände, welche die Patienten zu mir geführt haben, als einfache und gut beherrschbare Komplikationen, die jedoch keinen Behandlungsfehler darstellen. Viele Befürchtungen lösen sich dadurch in Luft auf. Auch besonders komplizierte Behandlungsverläufe, ungünstige anatomische Voraussetzungen oder eine schlechte Ausgangssituation der Behandlung können Probleme bereiten. Da ist es ganz wichtig für mich zu unterscheiden und ganz neutral zu beurteilen, ob es sich um schicksalhafte Behandlungsverläufe handelt oder ob tatsächlich ein Behandlungsfehler vorliegt. Letzteres ist glücklicherweise eher die Ausnahme. Ein Privatgutachten wäre in so einem Fall der nächste Schritt.

Wie sollte man generell reagieren, wenn z. B. Brücken nicht halten?

Wichtig ist es, zunächst mit dem behandelnden Zahnarzt zu sprechen und diesem die Möglichkeit zur Stellungnahme und Nachbesserung zu geben. Brücken sind so vielfältig und individuell, da ist es ganz wichtig zur eruieren, warum beispielsweise eine Brücke nicht hält. Man kann die Ursachen mithilfe diagnostischer Mittel wie Röntgenaufnahmen und natürlich mit der notwendigen klinischen Inspektion auf den Grund gehen.

Sie sind ja gerade die Expertin für die sogenannten schwierigen Fälle. Gibt es denn auch Patienten, bei denen Implantate nicht möglich sind?

Solche Fälle sind sehr selten. In den anspruchsvollen Fällen sind vorbereitende Schritte notwendig. Eine sehr sorgfältige Analyse der Behandlungsmöglichkeiten und Vorbedingungen sind Voraussetzungen für eine erfolgreiche Therapie. Sehr schlecht eingestellte Diabetiker und starke Raucher haben allerdings ein erhöhtes Komplikationsrisiko, besonders in Kombination mit knochenaufbauenden Maßnahmen. Bei schweren Erkrankungen sollte genau abgewogen werden, ob implantiert werden kann. Für den Fall, dass operiert werden sollte, empfehle ich bei der präoperativen Vorbereitung des Patienten, die mitbehandelnden Fachkollegen wie beispielsweise Kardiologen mit einzubeziehen, um Komplikationen so gering wie möglich zu halten.

Wie sieht es mit Knochenaufbau aus, wenn nicht mehr oder gar kein Knochen mehr vorhanden ist?

Empfohlen wird eine ausführliche dreidimensionale Analyse (3-D-Röntgenbild) der knöchernen Voraussetzungen des Patienten. Im Fall eines exzessiven Mangelangebots des Knochens ist es empfehlenswert über die unterschiedlichen Aufbaumethoden zu sprechen. Es gibt unterschiedliche OP-Verfahren, je nach Ort des fehlenden Knochens im Ober- oder Unterkiefer und nach vertikalem und horizontalem Defizit. Ist sehr wenig Knochen vorhanden, wird im ersten Schritt Knochen aufgebaut und in einer zweiten OP werden, meist mehrere Monate nach Einheilung, die Implantate gesetzt.

Viele haben vor diesem Eingriff Angst, weil etwas schiefgehen könnte. Wie hoch sind denn die Risiken wirklich?

Die Risiken sind ohnehin sehr gering und können durch moderne 3D-Diagnostik in Kombination mit einer 3D-Planung und geführter Implantologie noch weiter minimiert werden. Hier sollten die ausführliche Aufklärung des geplanten Eingriffes und das Studieren der jeweiligen Patientenvoraussetzungen gemeinsam mit dem Patienten im Fokus stehen. Je besser man die anatomischen Voraussetzungen auswertet und mit dem Patienten gemeinsam bespricht, desto geringer wird auch die Angst vor erheblichen Komplikationen sein. Des Weiteren ist die Wahrscheinlichkeit einer Gesichtslähmung, Verletzung eines Gesichtsnervs oder Ähnliches bei gründlicher Vorbereitung und Vermessung der vorhandenen Patientendaten äußerst gering.

Ist es möglich an implantierten Zähnen Brückenglieder zu befestigen?

Implantat-getragene Brückenglieder sind gut realisierbar. Allerdings erhöhen sich dadurch auch die Anforderungen an die Implantatkonstruktion, da sie größeren dynamischen Belastungen ausgesetzt ist. Dies sollte schon bei der Implantation entsprechend berücksichtigt werden, beispielsweise durch ausreichende Größe der Implantate und Abstände derselben.

Wie gehen Sie beispielsweise mit Angstpatienten um?

Unsere Angebote für Angstpatienten reichen von Lachgassedierung bis hin zur Vollnarkose. Persönlich halte ich allerdings die Empathie für das Wichtigste. Ich nehme die Ängste meiner Patienten ernst und nehme mir die Zeit, auf diese Ängste einzugehen. Je intensiver ein Patient über die Abläufe aufgeklärt wird, desto besser kann er sich der Behandlung angstfrei unterziehen. Das was er kennt, fürchtet er nicht. Außerdem steht eine komplette Schmerzfreiheit im Fokus.

Wie findet man bei der Fülle an Angeboten und Zahnärzten die passende Lösung?

Da gibt es natürlich kein Patentrezept. Persönliche Empfehlungen können ebenso aussagekräftig und relevant sein wie Bewertungsportale, z. B. Jameda. Vor Ort sollte man auch auf sein Bauchgefühl hören und notfalls auch den Mut haben, den Arzt / die Ärztin nochmal zu wechseln, wenn das Vertrauensverhältnis nicht stimmt. Für chirurgische Eingriffe empfehle ich natürlich eine chirurgische Fachpraxis, welche solche Behandlungen täglich durchführt und über entsprechend viel Erfahrung verfügt.

Mit welchen Kosten muss man rechnen?

Die Implantologie ist aus dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Lediglich bei dem Implantat- getragenem Zahnersatz greift sie bei Kassenpatienten und übernimmt die Kostennote, welche der konventionellen Therapie entsprechen würde. Das wird sehr individuell berechnet und wird zur Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenkasse vorgelegt. Bei privatversicherten Patienten ist es abhängig vom Versicherungsumfang der jeweilig abgeschlossenen Verträge. Grundsätzlich gilt aber, dass ein Kostenvoranschlag angefertigt wird, um auch die finanzielle Belastung zu kennen.

Lohnt sich eine Zahnzusatzversicherung?

Dies lässt sich leider auch nicht pauschal beantworten. Zudem wird natürlich keine Versicherung das bereits brennende Haus versichern, soll heißen, Schäden, die bei Vertragsschluss bereits vorhanden waren, werden in der Regel ausgeschlossen. Aber eine gute Zahnzusatzversicherung, welche rechtzeitig, d. h. einige Jahre vor dem Versicherungsfall, abgeschlossen wurde, kann die Kosten ganz erheblich reduzieren. Wir unterstützen unsere Patienten regelmäßig dabei, dass sie die ihnen zustehenden Erstattungen auch wirklich von ihrer Versicherung erhalten.

Wie lange fällt man aus, wenn man sich einer Behandlung unterzieht?

Auch dies ist ganz unterschiedlich und hängt u. a. von der Schwere des Eingriffs, der individuellen Wundheilung und anderen Risikofaktoren wie beispielsweise Rauchen ab. Es gibt Patienten, die nach einer Implantation am selben Tag noch arbeiten gehen – das sind aber meistens auch Ärzte (lacht). Wir empfehlen nach großen chirurgischen Eingriffen eine Ruhephase von 5–10 Tagen. In der Regel erfolgt nach 7 Tagen die Nahtentfernung.

Gibt es weitere Punkte, die ein Patient beachten sollte, wenn er sich für Implantate interessiert?

Implantate sind aus meiner Sicht die Art von Zahnersatz, die in der Haltbarkeit, Funktionalität und Optik dem natürlichen Zahn am nächsten kommt. Die Erfolgsquoten bei Implantaten beim Gesunden liegen bei sensationellen 97–99 %. So hohe Erfolgsquoten sind äußerst selten in der Medizinwelt.

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