Winterzeit ist aktive Pausenzeit

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Von der Pflege klassischer Autos und der Freude daran.

„Alle reden vom Wetter, wir nicht“, war eine bis heute unvergessene Kampagne der Bundesbahn vor über 50 Jahren. Wer ein altes, klassisches Auto hat, der redet aber sehr wohl vom Wetter: Regen, Schnee und Salz setzen den Old- oder Youngtimern zu, die meist aus einer Zeit mit keinem oder wenig Korrosionsschutz stammen. Die überwiegende Zahl der Fahrer klassischer Autos entscheidet sich für einen schonenden Umgang mit dem mobilen „Denkmal“, vermeidet den Winter- Einsatz, und stellt es auf Ruhemodus.

Peter Klotzki liebt und fährt alte Autos
und schreibt regelmäßig darüber. – Fotos: Peter Klotzki

In Berlin macht ein Professor auf sich aufmerksam, der sich mit dem Ordnungsamt streitet, weil er seinen 1955er Olympia-CarAvan seit 40 Jahren vor der Haustür parkt, ohne ihn jemals gewaschen zu haben – was er als großes Experiment versteht. Aus Sicht des Autors ist das keine Liebeserklärung für den alten Freund. Im Gegenteil: Old- und Youngtimer verdienen ihre geschützte Winterbleibe, die jedoch nicht von Fürsorge befreit. Wenn ein Fahrzeug und seine Bestandteile wie insbesondere Motor und Fahrwerk ruhen, drohen durch die Nicht-Benutzung an den Gummiteilen Versprödungen, bei der Batterie die Entladung bis zur Zerstörung der Batteriezellen. Auch ohne Regeneinwirkung kriecht Feuchtigkeit in das Fahrzeuginnere, den Motor, die Leitungen etc. und gibt dem Rost neue Nahrung.

Die Vorbereitungen für den Winter beginnen mit einer Fahrt zur Tankstelle inkl. Waschanlage. Nach gründlicher Außen- und Innen-Reinigung sollte vollgetankt werden, weil die Füllung den Tank vor Innenrost schützt. Dabei auch an die Reifen denken! Wenn das Fahrzeug nicht bewegt wird und auf seinen Reifen steht, sollte der Luftdruck in jedem Reifen um ein bar erhöht werden. Die Fahrt zum „Winterlager“ darf ruhig etwas länger dauern, um Kondenswasser, das bei kurzer Motornutzung entsteht, zu verbrennen und den Tank wieder ein wenig von der Höchstmarke zu entfernen. So kann ein Hohlraum entstehen, der Gasbildung aus dem Tank durch Temperaturschwankungen auffängt. Wer den Motor professionell schützen will, der arbeitet mit Motor-Konservierungsmitteln, die man in den Vergaser oder die Ansaugöffnung der Einspritzanlage sprayt. Das Sprühen durch den Lufteinlass schützt die Ventile, die Zylinder und die ersten „Meter“ des Auspuffs vor Rost und hält alles beweglich. Wer noch mehr Aufwand treiben will, dreht die Zündkerzen heraus und ermöglicht so den Zylindern eine „Zusatzdosis“.

Spätestens jetzt geht es für alles Weitere zum „Ruheplatz“, idealerweise eine Sammel- oder eine sehr gut gelüftete Einzelgarage. Je mehr Luft zirkulieren kann, desto besser. Wird das Auto bis zu den Frühjahrs-Sonnenstrahlen gar nicht gefahren, sollte das Fahrwerk entlastet und der Wagen aufgebockt werden – falls nicht möglich, ist höherer Reifen-Luftdruck umso wichtiger, um Unwuchten zu vermeiden (s. o.). Wer sein Auto in der Garage, auf einem Grundstück bewegen kann, sollte das eher durch Schieben als durch Kurzeit-Motor-Betrieb tun, weil das dann entstehende Kondenswasser im Motor nicht verbrannt werden kann. Die Perfektionisten verschließen Ansaug- und Auspuff-Öffnungen mit ölgetränkten Lappen, um eindringende Feuchtigkeit fernzuhalten. Die Batterie sollte ausgebaut und in einem trockenen Raum gelagert werden. Weniger empfehlenswert: sie im Auto zu lassen und dann mit einem Starthilfe-Set oder per Batterie eines anderen Fahrzeugs aufzuladen. Letzteres kann sogar riskant sein. Ein Helfer des Autors verwechselte einstbeim Aufladen Plus- und Minus-Pol, was zu einer Batterie-Explosion mit viel Batterie- Säure im Innenraum führte.

Für Cabrios: Auf jeden Fall beim Abstellen das Verdeck schließen, denn im geöffneten Zustand mit Faltenbildung verschleißt der Stoff schneller. Idealerweise sollte das Verdeck nach Trocknung imprägniert werden.

Nach der empfohlenen Wäsche (s. o.) verdient der Lack eine Konservierung mit entsprechenden Pflegemitteln. Alte Autos sind oft Chrom-geschmückt, den man durch Paraffin oder Schutzwachs erhält. Der Versprödung von Gummidichtungen lässt sich mit Pflegemitteln wie Talkum (Hirschtalg) entgegenwirken. Ein Augenmerk gilt auch der Scheibenwaschanlage, die mit Frostschutz sicher gemacht wird. Die Scheibenwischerblätter leiden, wenn sie mit der Scheibe „verkleben“. Man muss sie nicht unbedingt ausbauen, sollte sie aber auf jeden Fall abklappen. Nicht vergessen: Frostschutz auch für den Kühler – Luftgekühlte ausgenommen.

Fast geschafft, die letzten Maßnahmen vor dem Abschied: Fenster einen Spalt offenlassen, Handbremse lösen und das Fahrzeug mit staubdichtem Stoff (am besten Baumwolle) abdecken. Eine Alternative ist die gut durchgelüftete „Glas-Box“, die es in Oldtimer-„Showrooms“ wie der Classic Remise in Berlin gibt, oder wie sie manch privater Sammler als eine Art „Schneewittchen-Sarg“ angelegt hat. Ganz schön viel Arbeit?! Vielleicht ein kleiner Tipp zur Selbstmotivation: Bei der Pflege alter Autos mit viel Mechanik und wenig Elektronik handelt es sich um „anschauliche“ Tätigkeiten, von denen sich die meisten ohne allzu viel handwerkliches Geschick erledigen lassen. Es ist eine entschleunigende Beschäftigung mit einem wertvollen Gut und seinen Komponenten, einem Zeitdokument mit emotional hohem Nutzwert, das man erhalten will. Zudem sind schnelle Erfolgserlebnisse garantiert. Nur fünf Monate Vorfreude – und immer die erste Ausfahrt im Frühling als Ziel vor Augen haben.

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