Auch in der Gastgeber-Branche sind Frauen in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. Aber wenn sie es geschafft haben, setzen sie Zeichen. Wir stellen Berliner Vordenkerinnnen, Teamentwicklerinnen, Weltbürgerinnen, Visionärinnen und Macherinnen vor.
Frauenpower im Hotel- und Gastgewerbe
Beim Gedanken an diese Branchen denken viele sofort an Kellnerinnen oder auch an Köchinnen. Letzteres eher weniger, denn auch hier stehen die Frauen oft noch im Schatten ihrer männlichen Kollegen. Leider sind diese klischeebehafteten Vorstellungen nicht ganz so fern der Realität. Gastronomie und Hotellerie sind eigentlich Frauenbranchen, denn die Zahl weiblicher Angestellter wächst. In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Frauen in der Hotellerie von 59.067 (2010) auf 66.214 (2019). In der Gastronomie zeigt sich ein ähnliches Bild. Hier verzeichneten die Ladys einen zahlenmäßigen Anstieg von 75.671 (2010) auf 87.516 (2019). Damit haben Frauen prozentual gesehen deutlich die Nase vorne. Egal, ob an der Rezeption, im Housekeeping, im Service oder in der Küche. Nur die Führungsetage scheint immer noch eine Männerdomäne zu sein. Die Zahlen sprechen für sich: Von 300 Michelin Star Chefs in Deutschland sind nur neun Frauen dabei. Nur knapp jede dritte Führungskraft war 2022 weiblich (Destatis: Frauen in Führungspositionen 2022). Wobei die Frauenquote in der Gastronomie laut Dehoga Branchenbericht IV 2023 zuletzt bei knapp 50% lag. Zahlen über Frauen in Spitzenpositionen in der Hotellerie gibt es leider nicht, aber gefühlt ist die Lage hier ähnlich. Woran liegt es also, dass es so wenige Restaurantleiterinnen, Spitzenköchinnen und Hoteldirektorinnen gibt? Darüber können die verantwortlichen Verbände und Arbeitgeber nur spekulieren: zu wenig Teilzeitangebote, Familienunfreundlichkeit, nicht genug Kinderbetreuungsmöglichkeiten oder keine Akzeptanz bei den männlichen Kollegen …
Dabei können doch die Branchen von weiblichen Entscheidungsträgern nur profitieren und einen Schritt in Sachen weiteren Fortschritt tun. Denn das Ungleichgewicht sollte besser der Vergangenheit angehören.
Und da zumindest in Berlin Hoffnung besteht, dass sich etwas ändert, haben wir stellvertretend für viele andere Spitzenfrauen einige Macherinnen der Branche vorgestellt.
www.hogastjob.com; www.dehoga-bundesverband.de
Die Chefin der Ikone
Im Herbst 2022 wurde aus einem Gerücht Gewissheit: Der neue General Manager im berühmten Hotel Adlon Kempinski Berlin ist eine Frau – die erste überhaupt, die das geschichtsträchtige Haus am Brandenburger Tor leiten wird. Ohne großes Aufsehen übernahm die erfahrene Hotelière Karina Ansos die Leitung der Hotelikone am Pariser Platz, lernte schnell Haus, Team und Stammgäste kennen. Die gebürtige Französin kann auf eine beeindruckende Karriere in der internationalen Luxushotellerie blicken. Zu den Stationen gehören das Hotel Atlantic Hamburg, das Hotel Elephant Weimar, das Kempinski Hotel Frankfurt/Main, Luxushotels im chinesischen Suzhou und in Shanghai.
Gern verweist Karina Ansos auf die „weiblichen Gene“ des Adlon, schließlich war es Hedda Adlon, die zweite Frau von Louis Adlon, die maßgeblich am Erfolg des Grandhotels beteiligt war. „2024 jährte sich der Begriff des Grandhotels als Heimat auf Zeit für anspruchsvoll Reisende zum 250. Mal – ein Jubiläum, das wir im Hotel Adlon Kempinski dankbar würdigen, da die Idee von luxuriöser Unterbringung, feinster Gastronomie und Top-Service ein Grundstein für unser bis heute international prämiertes Hotel war. Während schon 1907 im früheren Hotel Adlon dessen technischer Fortschritt mit Elektrizität und fließendem Wasser in jedem Zimmer für Aufsehen sorgte, sind auch heute modernste Annehmlichkeiten für unsere Gäste garantiert, die sich neben dem prachtvollen Gebäude und exklusiver Ausstattung vor allem durch erstklassigen Service mit einem hohen Personalschlüssel zeigen“ würdigt Karina Ansos ihre berufliche Heimat. „Unser Team fühlt sich dem Grandhotel-Gedanken verbunden, der sich besonders in der Küchenkunst unseres 2-Sterne-Gourmetrestaurants Lorenz Adlon Esszimmer und der Brasserie Quarré widerspiegelt, die klassisch deutsch-französische Küche neu interpretiert.“
Karina Ansos, General Manager, Hotel Adlon Kempinski Berlin, Unter den Linden 77, 10117 Berlin-Mitte, www.kempinski.com
Was wir alles gewuppt haben
Neukölln? Manchmal fragen Gäste nach, ob das in diesem Jahr mit einem Michelin-Stern geadelte Hallmann & Klee tatsächlich in Neukölln liegt. Ja. Direkt in der Fußgängerzone am Böhmischen Platz in Rixdorf. 2016 eröffnete Sarah Hallmann hier ihr Frühstückslokal. Was auf die Teller kam, sorgte für zufriedene Gäste und mediale Aufmerksamkeit für das Lokal mit der stetig steigenden Entwicklung, das von Beginn an in Küche und Gastraum feminin geprägt war und noch immer ist.
Nach dem Abschluss ihres Studiums entschied sich die Stuttgarterin nicht für eine akademische Laufbahn, sondern begann eine Ausbildung zur Köchin im 2-Sterne-Restaurant Facil, kochte im inzwischen geschlossenen Restaurant Margaux bei Michael Hoffmann, ging dann in die Schweiz. Und sie wusste schon bald, wohin sie ihre eigene Handschrift entwickeln wollte: „Bewusst normal, ohne Chichi mit tiefer Liebe zum Produkt“, beschreibt die Mitter eines 3-jährigen Sohnes heute ihre „ehrlich-gute Küche mit viel Herz am Herd und am Essen. Es muss schmecken“, so Sarah Hallmann, die viel lieber mit kulinarischer Kreativität und der Atmosphäre im Hallmann & Klee überzeugt als mit Worten.
Im vergangenen Jahr wurde Sarah Hallmann vom Gault&Millau Restaurantführer zur „Gastronomin des Jahres“ gekürt. Die Meldung darüber schaffte es übrigens bis in die Tagesschau. Im Herbst 2023 wählte sie die Jury der Berliner Meisterköche gemeinsam mit Rosa Beutelspacher, die mit ihr im Hallmann & Klee am Herd steht, zu „Aufsteigerinnen des Jahres 2023“. Die Küche „ist radikal handwerklich, überzeugend produktethisch, konsequent regional, intuitiv lecker, klug … Ein herrlich emphatischer, empathischer und vor allem unfassbar köstlicher Ort“, lobte die Jury. Da wundert es niemanden, dass Sarah Hallmann in diesem Jahr unter den Nominierten für die Auszeichnung zum „Berliner Meisterkoch“ ist. Die Ehrungen wertet die Gastronomin als Anerkennung für die nie versiegenden Inspirationen und die viele Arbeit: „Was wir alles gewuppt haben.“
Sarah Hallmann, Hallmann & Klee, Böhmische Str. 13, 12055 Berlin-Neukölln, www.hallmann-klee.de
Wir rocken das
Schon mit 17 beantwortete Katja Hagenbucher die Frage nach ihrem Berufswunsch selbstbewusst mit „Hoteldirektorin“. Gesagt, getan. 2009 sorgte sie als jüngste Hotelmanagerin Berlins für Schlagzeilen. Da war sie 28 Jahre alt, hatte erfolgreich eine klassische Hotelausbildung im Dorint Hotel Mainz absolviert und entdeckte schnell ihre Liebe zur britischen Hauptstadt. „Eigentlich wollte ich in London bleiben“, bekennt sie. Nicht ohne Grund, denn in diesen sechs Jahren startete ihre Traum-Karriere, an deren Ende sie Rooms Division Manager im Park Plaza Victoria London war und ein Team mit 70 Mitarbeitern leitete.
„Wenn Deutschland, dann nur Berlin“, begründet sie ihren Schritt, zurück nach Deutschland zu kommen. „Herausforderungen sind zum Wachsen da“, weiß Katja Hagenbucher und zeigte das gerade erneut mit Bravour während der Umbauphase und der Eröffnung des Radisson RED Berlin Kudamm, Deutschlands erstem Haus der Lifestyle-Marke Radisson RED. Stress, Herausforderung – was überwog? „Die pure Freude“, antwortet Katja Hagenbucher und berichtet mit einem glücklichen Lächeln von ihrem hochmotivierten Team. Der Umgangston im gastfreundlichen Haus in der City West ist locker, das „Du“ Standard. „Wir ziehen alle an einem Strang und wissen auch in schwierigen Situationen: Wir rocken das!“ Wobei die viel beschäftigte Managerin – die auch ehrenamtlich aktiv ist, so in der IHK und als Vorstandsmitglied bei VisitBerlin Partner Hotels e.V., – das ganz wörtlich meint, denn die Mutter eines Teenagers ist bekennender Rockmusik-Fan, am liebsten bei verschiedenen Festivals. Und sie hat eine Dauerkarte für das Stadion des 1. FC UNION an der Alten Försterei.
Katja Hagenbucher, General Manager, Radisson RED Berlin Kudamm, www.radissonhotels.com/red
“Auf ein Glas Champagner mit …
Marie-Anne“ ist der Titel des Podcast, den die (Mit)Inhaberin und Geschäftsführerin des 2-Sterne-Restaurants Tim Raue im September 2020 startete. Hier spricht Marie-Anne Wild ausschließlich mit Frauen, deren Arbeit die Gastgeber-Branche prägt: ihr persönlicher Werdegang, ihre Erlebnisse, ihre femininen Seiten und ihre Erfahrungen in dem noch immer männerdominierten Bereich. Ein Thema, das der in Berlin geborenen leidenschaftlichen Gastgeberin sehr am Herzen liegt. Dafür steht der von ihr veranstaltete „MAW Ladies Lunch“, den sie 2018 ins Leben rief und der Anfang Juli bereits zum sechsten Mal stattfand. Mehr als 50 Frauen – darunter Schauspielerinnen, Unternehmerinnen, Gastronominnen – trafen sich bei diesem beliebten Networking-Event im Restaurant Tim Raue. Der 2-Sterne-Koch hatte extra ein Menü kreiert, eine inspirierende Basis für Gespräche und Impulse zum Thema Female Leadership – angesichts des fehlenden Nachwuchses von Frauen in Spitzenpositionen gerade in der Gastronomie aktueller denn je.
Marie-Anne Wilds Karriere ist eine Erfolgsstory: Nach dem Abitur und der Ausbildung sowie mehreren gemeinsamen Stationen in der Berliner Spitzengastronomie ermutigte die Restaurantfachfrau ihren damaligen Ehemann Tim Raue, ein eigenes Restaurant zu gründen, dem sie von Beginn an Herz, Kopf und Gesicht gab. Was dann folgte, war der Griff nach den Sternen und die Sammlung von Ehrungen. Heute belegt das Restaurant Platz 30 im Ranking „The World’s 50 Best Restaurants“, Netflix hat darüber eine Folge für die Serie „Chef´s Table“ gedreht. Marie-Anne wurde u.a. vom Gault Millau für BESONDERS LIEBENSWÜRDIGEN SERVICE geehrt und trägt den Titel BERLINER MAÎTRE DES JAHRES. Sie weiß aber auch, wie viel Kraft, Nerven und Willen es braucht, diesen Weg an die Spitze zu gehen. „Aber es hat immer Spaß gemacht“, bekennt die Gastgeberin, Podcasterin und Unternehmerin mit dem ansteckenden Lächeln.
Marie-Anne Wild, Restaurant Tim Raue, Rudi-Dutschke-Straße 26,
10969 Berlin-Kreuzberg, www.tim-raue.com
… immer eine Nuance Frankreich
Stille. Liegt das „Lovis“ wirklich mitten in Charlottenburg? Sophia Rudolph kennt das Staunen der Gäste, die zum ersten Mal das geradlinig-schlicht designte Restaurant im einstigen Frauengefängnis betreten. Die Küchenchefin sorgt mit ihrer „Contemporary German Cuisine“ – so nennt sie das von ihr kreierte Konzept – dafür, dass es nicht bei einem einmaligen Staunen bleibt. „Unser Fokus liegt auf dem Gemüse, das spielt die Hauptrolle. Fleisch und Fisch übernehmen die gut besetzten Nebenrollen“, erklärt die gebürtige Berlinerin, die teilweise in Frankreich aufwuchs. Dort erkochte sie sich einen Studienplatz am renommierten Institut des Jahrhundertkochs Paul Bocuse. In Lyon wuchs nicht nur ihre Kochkunst, sondern auch die beständige Liebe zum Produkt und dessen perfekte Inszenierung, die die französische Küche so unverwechselbar machen.
Mit den Weihen der Nouvelle Cuisine startete Sophia Rudolph ihre Karriere, die sie ins Restaurant „Le Louis XV“ in Monte Carlo führte und bald auch wieder zurück in ihre Heimatstadt, geradewegs zu Berlins einzigem 3-Sterne-Koch Marco Müller. Im „Rutz“ arbeitete sie als Sous-Chefin, danach übernahm sie die Küche im neu eröffneten „Panama“ an der Potsdamer Straße. 2019 wählte die Jury der Berliner Meisterköche Sophia Rudolph zur Aufsteigerin des Jahres.
Das „Lovis“ startete im Frühjahr 2022. Sophia Rudolphs geschmacksintensive, aromenreiche und ästhetisch daherkommende Küche überzeugte von Beginn an die Feinschmecker der Metropole genauso wie die Fachpresse. Mit einem Lächeln erklärt die Küchenchefin, dass selbst bei traditionellen Rezepten aus Deutschland „immer eine Nuance Frankreich“ zu schmecken ist. Eine gute Empfehlung!
Sophia Rudolph, Küchenchefin Lovis Restaurant & Bar Kantstraße 79, 10627 Berlin-Charlottenburg, www.lovisrestaurant.com
Die Mutmacherin
„Frauen ermuntern, mutig und selbstbewusst zu sein“, gehört zu den Prinzipien, die Tina Brack in ihrer täglichen Arbeit als General Manager im The Westin Grand Berlin umsetzt. „Gerade in der Berufswelt müssen wir oft doppelt abliefern“, weiß sie aus eigenem Erleben auf ihrem Karriereweg. Nach ihrer Ausbildung zur Restaurantfachfrau studierte Tina Brack Betriebswirtschaft. Im Convention Sales des Estrel Berlin sammelte sie erste berufliche Erfahrungen, ehe sie Geschäftsführerin der Reinhard’s Restaurants Berlin wurde. Von 2006 bis zum Verkauf der Immobilie Ende 2021 leitete sie das Ellington Hotel in der Nürnberger Straße. Das klingt scheinbar mühelos, aber als alleinerziehende Mutter weiß sie auch, dass ohne eine große Portion Biss und Organisationstalent der Alltag schwierig wird und dennoch: „Ich bin authentisch, wenn ich sage: Beruf und Familie sind vereinbar.“
Wie sie ihre Geschlechtsgenossinnen ermuntert und ermutigt? „Oft erlebe ich Frauen, die bei neuen Herausforderungen zuerst fragen: Schaffe ich das? Meine Antwort: einfach machen“, so die Managerin, die weiß, dass Ermutigung wie ein Katalysator für Ehrgeiz und Leidenschaft wirkt. Und natürlich ebnet sie die Karrierewege ihrer Mitarbeiterinnen durch zielgerichtete Aus- und Weiterbildungen. Ihre schönste Belohnung: Das Luxushotel mit der imposanten Freitreppe in der Lobby an der Ecke Unter den Linden/Friedrichtstraße braucht keine Frauenquote, denn knapp die Hälfte der Mitarbeiter im mittleren Management des Hauses ist weiblich. Ganz feminin auch ein Format, das die sympathische Hotelchefin ins Leben rief, die „Ladys Grand Time“ – ein Get-together für Frauen in Spitzenpositionen aus verschiedenen Branchen. Female Leadership für starke Frauen!
Tina Brack, General Manager The Westin Grand Berlin, www.marriott.com/westin/berlin
Fine Dining = Fun Dining
Die Liebe zu den Gästen (auch den schwierigeren), zum Beruf und zum Genuss … als Kolumnen-Autorin der Wochenzeitung „Die Zeit“ führte Ilona Scholl mit Tiefgang und Humor fast drei Jahre über die vielen Höhen und seltenen Niederungen einer Gastgeberin. „Das hat sehr viel Spaß gemacht“, bekennt die Frau, die ein abgeschlossenes Studium als Bachelor of Arts in Literaturwissenschaften, Musik und Medien vorweisen kann. 2015 gründete sie mit Max Strohe das Tulus Lotrek in Berlin-Kreuzberg. Endlich ihr eigenes Ding machen! 2017 gab’s einen Michelin-Stern und im folgenden Jahr die Auszeichnung als „Gastgeberin des Jahres“ der Berliner Meisterköche für Ilona Scholl. Diesen Titel verlieh ihr der Gault&Millau 2021. Die Kolumne tauschte die Gastgeberin gegen den Podcast „Röststoff“, den sie gemeinsam mit einem Gamer Peter Smits betreibt. Zielgruppe: vor allem junge Frauen und Männer. Die Mission: Das hohe Lied des Lust-Essens fernab von elitären, steifen Gewohnheiten. „Fine Dining ist Fun Dining“, bringt es Ilona Scholl auf den Punkt und weckt Appetit auf experimentierfreudige, mutige, wohltuende Genüsse mit viel Liebe zum Produkt wie sie das Tulus Lotrek in ihrem Kreuzberger Wohnzimmer-Restaurant mit Holzböden, Kunst und Dschungeltapeten leben. Ein Ort ohne Schwellenangst, aber dafür mit viel Kommunikation und purer Lebensfreude.
Die hielten Ilona Scholl und Max Strohe auch während des Corona-Lockdowns am Leben. Statt Sterne-Menüs kochten sie täglich bis zu 1.000 Portionen Eintöpfe und brachten sie zu Menschen, die in den sogenannten system-relevanten Berufen oft bis zur körperlichen Erschöpfung arbeiteten. Sie organisierten eine Crowdfunding-Kampagne und sammelten Spenden, um das Projekt „Kochen für Helden“ durchzuhalten. Mehr als 100 Restaurants in ganz Deutschland folgten dem Berliner Beispiel. Dafür gab’s 2021 das Bundesverdienstkreuz für das Gastgeber-Paar.
Ilona Scholl, Gastgeberin im Tulus Lotrek, Fichtestraße 24, 10967 Berlin-Kreuzberg, www.tuluslotrek.de
Die Neustarterin
Ihre Premieren-Karte im „Charlotte & Fritz“ erntete von Gästen und der Fachwelt viel Beifall: unverkennbar das Kochen auf höchstem Niveau, die frischen, unverbrauchten Ideen, die konsequente Regionalität und die gradlinige Nachhaltigkeit. Doch die ersten Lobeshymnen auf die neue Küchenchefin Lena König im renommierten Restaurant am Gendarmenmarkt erklangen zeitgleich mit der Mitteilung über die Schließung des Regent Berlin. „Ich mache mir keine Sorge, ich finde was“, sagt die gebürtige Österreicherin selbstbewusst, und zugleich mischt sich auch der Gedanke ein, „dass wir sicher etwas gerissen hätten.“ Aber kein Kritiker besucht ein Restaurant, das es bald nicht mehr geben wird. „Die besten Kritiker sind eh‘ meine Gäste“, bekräftigt Lena König, die sich mit ihrem Team nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Großbritannien als Sous Chefin im Grazer Restaurant „Wintergarten“ 13 Gault Millau Punkte erkochte. Und über den Tellerrand hinausschaute, denn neben ihrer Arbeit engagierte sie sich in einem Inklusionsrestaurant, in dem sie mit behinderten Menschen arbeitete und diese zu Köchen ausbildete. In ihren Lehr- und Wanderjahren absolvierte sie nicht nur die hohe Schule der Spitzenküche, sondern lernte auch, sich durchzusetzen. „Ich kann mir bis heute nicht erklären, warum es für manchen Kollegen so schwer ist, eine Frau als Küchenchefin zu akzeptieren.“
Seit 2017 lebt Lena König in Berlin. Gern möchte sie „im Schmelztiegel der Kulturen und des Geschmacks“ bleiben. Aber vorerst hält sie mit ihrem Team das Spitzenniveau im „Charlotte & Fritz“. Die Gäste dürfen sich auf eine neue Herbst-Winter-Karte in der charaktervollen König-Handschrift freuen.
Lena König, Küchenchefin im „Charlotte & Fritz“ am Gendarmenmarkt, www.charlotteundfritz.com