GTI – drei Buchstaben prägen Generationen

Fotos: Volkswagen AG
Fotos: Volkswagen AG

Es stand nicht gut um den Volkswagen-Konzern. Die Nachfrage nach dem Käfer ging stetig zurück. Da kam es gelegen, dass Volkswagen die Auto Union übernommen hatte. Die verfügten über weit mehr Erfahrung mit Fahrzeugen mit Frontantrieb und Wasserkühlung. Das Resultat war ein Fahrzeug, welches ganze Generationen prägen sollte: der Golf – am 28.3.1974 verließ der erste die Produktionslinie und wurde zu einem Verkaufsschlager. Als der Golf in Produktion ging, war an den Erfolg noch nicht zu denken. Und schon gar nicht an den sportlichen Ableger – den GTI, der 1976 in Produktion ging und 2021 sein 45-jähriges Jubiläum feiert.

In der Kompaktklasse waren sportliche Serienfahrzeuge rar. Das änderte sich, als VW den Golf GTI im Herbst 1975 auf der IAA vorstellte. Ganz glaubten die Verantwortlichen nicht an den Erfolg. Sie sahen keinen großen Markt. Angepeilt waren 5.000 Stück, erhältlich in Rot und Silber. Herzstück war das, was unter der Motorhaube werkelte. Wegen seiner Benzineinspritzung erhielt der Golf jenes berühmte Kürzel GTI – sprich Gran Turismo Injektion. Mit 110 PS hatte der GTI 40 Pferdestärken mehr auf der Brust als sein braver Verwandter. Das brachte den 780 kg leichten Wagen in rund neun Sekunden auf Tempo 100. Gegenüber dem „normalen“ Golf wuchs die Höchstgeschwindigkeit um 22 km/h auf 182 Stundenkilometer. Optisch unterschied sich der GTI durch einen mattschwarzen Kühlergrill samt roter Umrandung, schwarzen Kunststoff-Kotflügelverbreiterungen und seitlichen mattschwarzen Zierleisten. Auffälligstes Merkmal war ein schwarzer Bugspoiler, der den Auftrieb an der Vorderachse reduzieren sollte. Im Innenraum dominierte schwarz, wenn auch die Recaro-Sitze im berühmten Schottenkaro herausstachen. Kult wurde der als Golfball gestaltete Schaltknauf. Die Presse war anfangs skeptisch. Die schreibende Zunft hielt den GTI für zu aggressiv, zu gefährlich für den Normalverbraucher und prognostizierte viele Unfälle. In zahlreichen Tests überzeugte der GTI die Presse. „Golf im Schafspelz“, titelte „auto motor und sport“. Die Nachfrage überstieg alle Erwartungen. Trotz eines relativ hohen Einstiegs-Preises von 13.850 DM. In nicht einmal einem ganzen Produktionsjahr waren 10.366 GTI gebaut. Wer einen wollte, musste warten. „Der Golf GTI verkauft sich schneller, als wir ihn bauen können“, rühmte die Werbung den Wagen. Fünf Jahre nach seiner Vorstellung spendierte VW ein Fünfgang- Getriebe. Als die Produktion 1983 auslief, brachte Volkswagen noch einmal eine Sonderserie vom GTI auf den Markt. Innerhalb von sechs Monaten war „Pirelli“- Golf ausverkauft.

Erstmals mit 16V

Mit dem Start der zweiten Generation standen die Macher von Volkswagen vor dem Dilemma ein Erfolgsmodell zu ersetzen. Nach einigen Diskussionen setzte sich am Ende das hauseigene Design von Herbert Schäfer durch. Mutlos, keinen Aha- Effekt – fand die Presse. Gegenüber der Vorgängerversion war der neue Golf um 17 Zentimeter länger geworden. Der Radstand nahm um 75 mm zu, die Karosserie um 55 Millimeter. Das verlieh dem Golf ein etwas pummeliges Aussehen. Es dauerte bis Januar 1984, ehe der GTI verfügbar war. Immerhin hatte der Motor leichte Verbesserungen erfahren. Scheibenbremsen sorgten dafür, dass der GTI rechtzeitig zum Stehen kam. Hatte der erste GTI noch das auffällige Schottenkaro, wirkte die neue Generation eher bieder. Im Grunde unterschied er sich kaum von einem GLX. Als Antwort auf sinkende Absatzzahlen zog VW das Facelift vor. Der GTI bekam Doppelscheinwerfer, dazu zwei Auspuffendrohre sowie einige weitere Aufhübschungen. Mit 189 km/h war er leicht schneller als der Vorgänger. Um der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein, benötigte es etwas Stärkeres. Zwar experimentierte man mit Turbo-Motoren, doch letzten Endes entschied man sich für die Saugmotor-Variante. Erstmals knackte der Wagen die 200er Marke und beschleunigte in 8,5 Sekunden von 0 auf 100. Rund 3.000 DM war der 16V teurer als der normale GTI. Immer stärker spielten Umweltaspekte eine Rolle. Im Februar 1987 bekam der 16V-Motor einen Kat verpasst, der dadurch nur noch 129 PS leistete. Nach dem leistungstechnischen Rückschritt ging es 1990 wieder nach oben. Der GTI bekam den G60 Motor mit mechanischem G-Lader spendiert. Dadurch kletterte die Leistung auf 160 PS. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 224 km/h. Servolenkung, ABS und Leichtmetallräder gehörten zur Serienausstattung. Um die Power auf die Straße zu bringen, war die gegen Aufpreis erhältliche Elektronische Differentialsperre ratsam. Statt der 31.100 DM für den 16V-GTI musste der Käufer 37.125 Mark auf den Tisch legen.

Die verlorene Generation

Mit dem Erscheinen der dritten Generation verlor der Golf seine Kanten. Auf der IAA in Frankfurt wurde der Golf 1991 dem Publikum vorgestellt. Die auffälligste Neuerung betraf die Frontpartie, wo nun fast ovale Scheinwerfer zum Einsatz kamen. Gerade 25 Millimeter Wachstum in der Länge standen eine Gewichtszunahme von rund 100 Kilogramm gegenüber. Als Krone kam der Golf VR6. Und der GTI? Der stand im Schatten des 6-Zylinders. Gegenüber den 174 PS wirkten die 115 Pferdestärken im GTI mickrig. Nicht einmal die 200-Stundenkilometer Marke knackte er. Abgesehen von den Schriftzügen und den Klarglas- Blinkern war der GTI vom normalen Golf kaum zu unterscheiden. Im Januar 1993 erschien der neue 16 Ventiler. Mit 215 km/h und einer Beschleunigung von 0-100 in 8,3 Sekunden spielte der GTI wieder in der Liga seines Vorgängers. Im Vergleich zum Dreier-Golf wirkte die 1997 vorgestellte vierte Generation kürzer. Ein Trugschluss, denn er war 131 mm länger und 30 mm breiter. Der GTI unterschied sich von den braveren Versionen durch Stoßfänger, Türgriffe und Seitenschutzleisten in Wagenfarbe. Optisch machten 16-Zoll Felgen den Unterschied. 150 PS und 216 km/h Spitze waren nicht schlecht, aber im Grunde stand der GTI im Schatten des stärkeren R32. Immerhin feierte Volkswagen den Wagen mit einem 2001 erschienen Sondermodell. Erhältlich war der Jubiläums-GTI mit einem 180 PS starken 1,8-Liter Motor, 6-Gang Schaltgetriebe und 18-Zoll BBS Leichtmetallfelgen. Im Inneren stachen rote Recaro- Sitze ins Auge.

Die Auferstehung der Legende

Nach den biederen GTI-Generationen fand mit der fünften Generation ein Umdenken statt. Rote Lackierung, schwarzer Kühlergrill und eine aggressive Vförmig zulaufende Haube, darunter ein riesiger Kühlergrill charakterisierten den Neuen. Im Inneren gab es wieder das Schotten-Karo. 18-Zoll Leichtmetallräder gaben den Blick frei auf rote Bremssättel. Die mussten kräftig zupacken, verfügte der neue GTI doch nun über 200 PS. Nur wenig verändert wurde die Verkaufsversion ein Jahr später in Paris der Öffentlichkeit vorgestellt. Der 2-Liter Motor brachte den GTI von 0-100 in nur 7,2 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 235 km/h. So schnell war noch kein GTI zuvor. Ab November 2006 war die „Edition 30“ zu haben, die nun 230 PS leistete und erst bei 242 Stundenkilometern die Geschwindigkeitshatz aufgab.

Der brutalste GTI

Liefen die ersten drei Generationen jeweils sieben Jahre, wurde der 5er gerade einmal drei Jahre gebaut. In der „Edition 35“ erstarkte der GTI auf 235 PS. Das alles sollte durch die im Spätsommer 2012 vorgestellte siebte Generation noch einmal getoppt werden, denn VW brachte den GTI „Clubsport“ sowie den „Clubsport S“, die brutalste Serienvariante, in den Verkauf. In der „Clubsport“- Version leistete der GTI nun 265 PS. Als „Clubsport S“ stieg die Leistung auf 310 Pferdestärken. Erst bei 265 Stundenkilometern ging dem Wagen die Puste aus. Seit 2019 ist die aktuelle Golf-Generation erhältlich. Seit August letzten Jahres ist auch der GTI verfügbar. Serienmäßig mit 245 PS ist er mehr als doppelt so stark wie sein Urahn. Der kurz darauf eingeführte „Clubsport“ toppt das mit 300 PS noch einmal. Mehr als verdoppelt hat sich der Preis. Stolze 41.265 Euro kostet der „Clubsport“. Das entspräche ungefähr sechs Ur-GTIs.

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