Investition in den eigenen Körper

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Die ästhetisch-plastische Chirurgie hat in Deutschland Konjunktur

Der Wunsch nach Schönheit ist sicherlich einer der ältesten Wünsche der Menschen. Schon zu Beginn der Medizin bei den alten Ägyptern wurde ein besonderer Wert auf Ästhetik und Aussehen gelegt und Historiker weisen die ersten Schönheitsoperationen nach. Doch erst die Entwicklung von wirksamen Narkosemitteln vor rund 150 Jahren machte die Eingriffe, die der reinen Verschönerung dienten, wirklich gesellschaftsfähig. Die damaligen Methoden im 19. Jahrhundert haben jedoch nur sehr wenig mit dem erreichten technischen Fortschritt der ästhetisch-plastischen Chirurgie von heute zu tun. Dank der rasanten Weiterentwicklung von Gerätschaften und Techniken können Operationen ohne Schmerzen und sehr exakt durchgeführt werden.

Trend zur Eigenfett-Therapie

Dr. Klaus Ueberreiter, Chefarzt der Fachklinik für Plastische
und Ästhetische Chirurgie in Birkenwerder

Anfang Mai dieses Jahres fand die XVII. Frühjahrsakademie der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC) in Berlin statt. Als Tagungspräsident fungierte Dr. Klaus Ueberreiter. Er ist Chefarzt der Fachklinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Birkenwerder bei Berlin. Im Mittelpunkt der diesjährigen Frühjahrsakademie, so Dr. Ueberreiter, standen Berichte der teilnehmenden Kollegen über alle sinnvollen Hilfsmittel, die bei Operationen angewendet werden können. Ein wichtiger Trend in der plastischen und Sommer 2017 · top magazin BERLIN ästhetischen Chirurgie seien zusätzliche Geräte, ein apparativer Pool, der zur Hautstraffung, zur Fettabschmelzung und zur Behandlung von Schweißdrüsen zum Einsatz kommt. „Auch hat der Trend zum Einsatz von Eigenfett in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen. Deshalb stand das Thema der Transplantation von eigenem Fettgewebe bei der Brustvergrößerung, im Gesicht und auch an anderen Stellen des Körpers im Vordergrund“, betont Dr. Ueberreiter. Die Gründe dafür liegen für die Experten auf der Hand. Es stehen derzeit bessere und schonende Möglichkeiten sowohl zur Fettgewinnung als auch zur Transplantation zur Verfügung. Außerdem ist diese medizinische Methode schon lange klinisch erprobt. Dr. Ueberreiter: „Wir haben in unserer Klinik bereits im Jahr 2007 ein Protokoll dazu entwickelt, das inzwischen weltweit Anerkennung gefunden hat und insgesamt sehr gut funktioniert.“ Gerade eine neue Methode brauche eine gewisse Zeit, um auf dem Markt zu bestehen und auch Vertrauen zu gewinnen.

Ästhetische Operation kein Privileg

Das Gesicht und die Figur per Operation den Idealmaßen anzunähern, dies hat auch in Deutschland Konjunktur. Was früher Privileg gut betuchter Schichten oder Prominenz aus Film und Fernsehen war, hat mit zunehmender Publizität und medizinischem Fortschritt immer mehr Menschen erreicht. „Zu uns in die Klinik kommt ein Querschnitt durch alle Altersgruppen und die Gesamtbevölkerung“, bilanziert Chefarzt Ueberreiter. Die Bandbreite reiche von dem Lagerarbeiter und der Verkäuferin bis hin zur Lehrerin und dem Fachkollegen. „Viele Leute wollen auch gerade in Zeiten der niedrigen Zinsen gern in den eigenen Körper investieren.“ Zu den jüngsten Patienten, die in die Klinik kommen, zählen Fälle, in denen die Chirurgen stark abstehende Ohren anlegen, das können sogar Kinder im Vorschulalter sein. Außerdem berichtet der Chefarzt über extreme Brust-Fehlbildungen bei jungen Mädchen, die schon sehr massiv sein müssen, ansonsten wird in diesem jugendlichen Alter generell keine ästhetische Chirurgie eingesetzt.

Fotos: Park-Klinik Birkenwerder

Zumeist Frauen suchen Schönheits-Ideal

Ein wachsender Anteil der Frauen scheint dem Druck der veröffentlichten Meinung in der Gesellschaft nachzugeben, immer jugendlicher auszusehen. Obwohl sich auch Männer mittlerweile mit dem Thema Schönheitsoperationen befassen, sind Frauen eher bereit, sich einem Eingriff zu unterziehen. Dies bestätigen Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) aus einer Befragung von Patienten: Mehr als drei Viertel der Teilnehmer waren weiblich. Dem verantwortlichen ästhetisch-plastischen Chirurgen kommt in dieser Situation eine große Verantwortung zu. Viele verzweifeln an ihren Problemzonen: Hüften, Oberschenkel und Po, Taille sowie Beine und Arme sind da im Blick. Kommen die Betroffenen mit Sport oder Diät ihren Zielen nicht näher, taucht schnell der Gedanke an eine Schönheitsoperation auf.

Die Verantwortung des Chirurgen

„Natürlich lehnen wir in unserer Klinik regelmäßig auch Behandlungen ab“, erläutert Chefarzt Ueberreiter. „Das sind zum einen Leute mit eindeutigem Übergewicht, die meinen, dass sie ihr Problem durch eine Fettabsaugung kurieren. Da hilft aber nur eine rigorose persönliche Lebensumstellung. Die Methode des Fettabsaugens macht dagegen einen Sinn bei einer Formkorrektur.“ Zum anderen seien die Mediziner auch immer mit unrealistischen Wünschen konfrontiert. Wenn die Parkklinik dafür bekannt sei, dass sie beispielsweise keine Operationen mit riesigen Implantaten vornehme, dann würden auch solche Wünsche nicht mehr an die Mediziner herangetragen.

Der Jungbrunnen für die Menschheit

Der deutsche Maler Lucas Cranach d. Ä. schuf im Jahr 1546 das Werk „Der Jungbrunnen“, in dem er ewige Schönheit und Jugend thematisiert. Ein simples Bad verspricht: Aus Alt macht Jung. Wird in der Zukunft die ästhetisch-plastische Chirurgie der Jungbrunnen für die Menschheit sein? Dr. Ueberreiter hat dazu eine klare Position: „Die Chirurgie hat ihre Grenzen in der natürlichen Alterung. Es altert die Haut und das Skelett, und dagegen ist kein Kraut gewachsen.“ Man könne das vorzeitige Altern ein bisschen bremsen und aufhalten. „Aber wenn man das übertreibt, dann liegt die glatte Haut über einem alten Schädel und das sieht nicht gut aus“, befindet der Chefarzt. „Daran wird sich nichts ändern, wenn nicht gentechnische Wunder-Therapien erfunden werden. Mit dem Messer allein ist das Altern nicht aufzuhalten.“ Den Einwurf, dass andere Wissenschaften optimistischer in die Zukunft schauen, lässt Dr. Ueberreiter nicht gelten. „Ich finde es nicht erstrebenswert, in einer Gesellschaft zu leben, wo alle Menschen mit einem Aussehen zwischen 20 und 30 Jahren herumlaufen. Das Alter hat auch seine Schönheit und Attraktivität.“ Übrigens kann der Arzt mithilfe des Computers das spätere Aussehen der ästhetischen Chirurgie sogar simulieren. Dazu werden Bilder in den Rechner geladen und per Mausklick modelliert. Vielleicht fällt die Entscheidung dann leichter, sich zu verändern oder dann doch einfach so zu bleiben, wie man ist.

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