Der Entenbürzel feiert 50. Geburtstag

Die Aufgabe für Porsche war klar. Mindestens 500 Exemplare mussten gebaut werden. Dann durften die Sportwagenbauer in der GT-Kategorie antreten. Und das wollten die Schwaben unbedingt. Denn zuletzt war der seit Beginn der 60er Jahre erhältliche Porsche 911 in die Jahre gekommen.

Die Schwaben hatten bei den Grand-Tourisme-Wagen im Rennsport etwas den Anschluss verloren. Dazu brauchte es ein neues, konkurrenzfähiges Serienmodell. Die Hürde von 500 Stück schaffte Porsche mit Leichtigkeit. Was die Sportwagenschmiede erstmals auf dem Pariser Autosalon im Oktober 1972 präsentiert hatte, fand rasenden Absatz. Der Porsche 911 Carrera RS 2.7 wurde ein Hit.

Der 911 Carrera RS 2.7 war ein echter Hochleistungssportler – knapp 960 Kilogramm, ein 2-7 Liter Motor mit 210 PS und 245 km/h Topspeed. Gerade einmal 5,8 Sekunden brauchte der Carrera von 0 auf 100 Stundenkilometer. Das machte ihn damals zum schnellsten deutschen Serienwagen. Gewicht, Aerodynamik, Motor und Fahrwerk wurden intensiv bearbeitet. Etwa 15 Ingenieure entwickelten das Auto ab Mai 1972. Gegenüber dem Porsche 911 S mit seinem 2,4-Liter Aggregat speckte der RS noch einmal 100 kg ab. Alles war auf Leichtbau getrimmt – Rücksitze, Teppiche suchte man vergebens, die Sportsitze waren durch Sitzschalen ersetzt, selbst das Porsche-Logo war anfangs nur aufgeklebt. Für 2 500 DM zusätzlich wurde das Touringpaket angeboten, welches vor allem den in der Sportversion spartanischen Innenraum aufpeppte.

Bekanntestes Design-Merkmal war der Entenbürzel. Wer hier an das Hinterteil der Stockente denkt, liegt falsch. Autofreunde wissen genau, was hiermit gemeint ist – der kleine Heckspoiler des RS.
Die Neuentwicklung wurde selbst im Windkanal ausgiebig getestet. Der neue „Entenbürzel“ drückte mit seiner Erhebung den 911 Carrera RS 2.7 bei schneller Fahrt Richtung Straße und versorgte den Heckmotor mit zusätzlicher Kühlluft. Dieser aus Glasfiber-Material gefertigte Heckdeckel wurde zum Markenzeichen des RS. Das Stück Kunststoff war so beliebt, dass es einige Porsche-Fahrer auf das Heck ihrer Nicht-Carreras montierten. Der bereits beim 911 S serienmäßig eingeführte Bugspoiler sorgte zudem dafür, dass der aerodynamische Auftrieb des Vorderwagens verringert wurde und verbesserte die Lenkbarkeit. Porsche kalkulierte knapp und bot den RS für 34 000 DM an. Für das neue Topmodell kramte Porsche nach fast zehn Jahren wieder den Namen „Carrera“ hervor. Die Bezeichnung, abgeleitet von dem mexikanischen Straßenrennen „Carrera Panamericana“, stand schon immer für Leistung und Exklusivität. Scheinbar sprach das die Kunden an. Bereits im November, nur einen Monat nach der Präsentation, waren sämtliche Exemplare ausverkauft. Porsche legte noch einmal nach. Und auch diese waren schnell vergriffen. Insgesamt entstanden 1.580 Fahrzeuge, davon 55 als reinrassige Rennwagen.

Erfreute sich der RS vor allem bei Hobby-Rennfahrern großer Beliebtheit, sorgte der daraus entwickelte RSR für große sportliche Erfolge. Hier legte Porsche noch einmal nach und bot den Wagen mit 2,8 Litern und 300 PS an. Bei der Tour de Corse feierte der RSR Ende 1972 seine Premiere. Siege bei den 24 Stunden von Daytona oder bei der Targa Florio trugen zum bald legendären Ruf bei. Bereits in der ersten Saison räumte der GT-Rennwagen drei internationale und sieben nationale Meistertitel ab. Die beiden Kürzel waren auch in den folgenden Generationen des 911er nicht mehr wegzudenken. Und so stellten die RS und RSR Modelle lange Jahre die Krönung der Zuffenhausener Schöpfungen dar. Dem Ganzen setzte 1974 der Porsche 911 Carrera RSR 2.1 Turbo die Krone auf. Der allein für die Rennstrecke entwickelte GT-Bolide war der erste 911er mit Turbolader. Rund 500 Pferdestärken leistete das Triebwerk. Die Kürzel RS und RSR zogen sich durch die komplette Modellhistorie. Egel welche Generation – es waren meist die kompromisslosesten Straßenrennwagen der Schwaben. Und im Rennsport tragen nach wie vor die Topmodelle die Kürzeln RS und RSR. Als bisher letztes Straßenfahrzeug trug der bis 2019 gebaute Porsche 991.2 GT3 RS die berühmten zwei Buchstaben. Der 4-Liter Motor leistete 520 PS und ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 312 km/h. Wer ebenfalls mit 3,2 Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometer sprinten mochte, musste knapp über
195 000 Euro auf den Tisch legen.

Porsche Museum | 911 Carrera 2.7 RS Workshop © Dirk Michael Deckbar

Auch der berühmte Entenbürzel ist nicht verschwunden. Im April 2022 präsentierte Porsche das Sondermodell Sport Classic mit dem markanten Heckspoiler. Limitiert auf 1 250 Exemplare. Bereits vom 997 entstand solch ein Exemplar mit Entenbürzel. Ruckzuck waren dessen 250 Modelle ausverkauft. Technisch basiert der Wagen auf den Turbo-Modellen. Im Gegensatz zu diesen verfügt der Sport Classic über 7-Gang Schaltgetriebe und Hinterradantrieb. Der 6-Zylinder 3,7-Liter Biturbo sorgt mit seinen 450 PS für ein schnelles Vorwärtskommen. Ab Juli ist der Wagen erhältlich. Wer den Retro-Sportwagen haben möchte, sollte 276 284 Euro in der Hinterhand haben. Dafür hätte man vor 50 Jahren einige RS kaufen können.

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