Erfolgreiche Nachwuchsförderung beim VCO

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Jochen Schöps sagt Ihnen nichts? Das ist der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, „der Robert Harting des Volleyballs“, so Jörg Papenheim. Schöps spielte beim VC Olympia ‚93 Berlin e. V. (VCO), bevor er zum Bundesligisten VfB Friedrichshafen wechselte.

Jörg Papenheim, Leiter des
Bundesstützpunkts Nachwuchs
Beach- und Hallenvolleyball beim VCO – Foto: Ina Wildführ / www.realdreamphotography.de

Er war eines der Talente, die in Berlin ausgebildet wurden. „Viele große Jungs mit Wachstumspotenzial, die sich sehr ordentlich mit dem Ball bewegen können“, so beschreibt Jörg Papenheim begeistert den nächsten starken Jahrgang. Er kommt gerade von der Kadersichtung von 14- und 15-jährigen Spielern aus dem Bundesleistungszentrum Kienbaum. Die Sichtung der Mädchen steht nächste Woche auf dem Programm. Papenheim ist Leiter des Bundesstützpunkts Nachwuchs Beach- und Hallenvolleyball beim VCO. Wir sprachen mit ihm über die Nachwuchsschmiede für Volleyballtalente in Weißensee.

Herr Papenheim, wie geht es jetzt mit diesen Jungs weiter? Alle, die in Kienbaum waren – das sind die 46 besten jungen Spieler des ganzen Landes –, haben die Möglichkeit, an einen der vier Bundesstützpunkte zu gehen. Das sind neben Berlin Frankfurt, Kempfenhausen und Friedrichshafen.

Wie viele bekommen Sie ab? Die meisten, weil wir mit unserem Erstligaprojekt, das es seit der Saison 2002/3 gibt, der nationale Top-Stützpunkt sind. Als Einzige arbeiten wir mit zwei Mannschaften pro Geschlecht. Unsere erste Mannschaft bei den Jungs sind die 1997/98 Geborenen, und die zweite Mannschaft die 1999/2000 Geborenen. Nächsten Sommer haben die Älteren ihre Weltmeisterschaftsqualifikation und sind „ausgefördert“. Momentan haben wir rund 70 Jugendliche hier. Das sind vier Mannschaften und dazu die Beacher.

Was passiert mit den Älteren? Die entlassen wir in die Freiheit, in die große Bundesliga-Welt. Dadurch wird die zweite zur ersten Mannschaft, und die jetzt Gesichteten rücken nach.

Wie viele können in der Bundesliga weiterspielen? Über 80 Prozent derjenigen, die das Erstligaprojekt bei uns machen, bekommen hier oder im Ausland einen Vertrag. 19 Spielerinnen und Spieler, die aktuell in der Nationalmannschaft spielen, waren beim VCO.

Dass eine reine Juniorenmannschaft in der ersten Liga voll mitspielt, hat der VCO etabliert. Ja, und da schauen andere Sportarten beeindruckt darauf, weil es bei ihnen nicht vorstellbar ist. Das macht die Förderung im Volleyball einzigartig, weil es ein solches nationales Zentrum bei anderen Sportarten nicht gibt.

Was zeichnet Volleyballer aus? Wir haben starke Teamspieler und erstaunlicherweise sind es zu 90 Prozent Gymnasiasten. Volleyball ist eine extreme Teamsport, mehr als jede andere, weil ich durch Einzelaktionen eigentlich gar nicht glänzen kann. In jedem anderen Mannschaftssport kann ich ein Spiel ein Stück weit an mich reißen. Das ist im Volleyball deutlich schwieriger, weil jede Handlung auf den drei Kontakten besteht, d. h. ohne dass eine Annahme und ein gutes Zuspiel kommt, kann ich nicht punkten.

Wie sieht so ein Tag Ihrer Jugendlichen aus? Sie beginnen täglich um 8 Uhr mit dem Training, manchmal geht‘s auch schon früher in die Halle oder den Kraftraum. Ab 9.50 Uhr ist bis 15 oder 16 Uhr Schule. Danach gibt es wieder eine Trainingseinheit für zwei Stunden. Abends können die Spieler hier Entmüdung machen, also in die Sauna oder zur Physiotherapie. Freizeit ist knapp, denn Hausaufgaben gibt es ja auch noch.

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Werden bei so vielen Trainingszeiten nicht ein paar Abstriche im Vergleich zur normalen Schule gemacht? Ja, denn wir fahren in der Oberstufe ein gestrecktes Schulmodell, d. h. die letzten beiden Schuljahre werden auf drei Jahre ausgedehnt. Die Hauptfächer sind zum Teil doppelt mit Lehrern besetzt. Da durch werden Fehlzeiten, die durch Trainingslager entstehen, gut aufgearbeitet. Die Lehrer können auch mit ins Trainingslager, um dort Unterricht zu geben. Ein weiterer Vorteil sind – neben der klaren Fokussierung auf den Sport – die geringen Klassenstärken von 14 bis 20 Schülerinnen und Schülern. In der Mittelstufe gibt es sogar sportartreine Klassen.

Alles Volleyballer? Genau, die Mannschaften sind beim Training und in der Schule zusammen.

Wie gesichert ist Ihre Förderung für die kommenden Jahre? Stichwort Spitzensportreform, die jetzt vom Bundestag verabschiedet werden soll. Momentan arbeiten wir etwas ins Blaue hinein, ohne zu wissen, wie es in Zukunft weitergeht. Wenn im Volleyballnachwuchs die Bundestrainerstellen gestrichen würden, könnten wir die Förderung so nicht mehr weiterführen.

Woran hängt das? Wie die Reform stattfinden soll, ist bekannt. Wir kennen aber noch nicht die Konsequenzen für die einzelnen Sportarten. Es soll künftig drei Förderstufen geben, und wir wissen noch nicht, in welche Volleyball eingestuft wird.

Wer entscheidet das? Der Deutsche Sportbund (DSB) zusammen mit dem Bundesinnenministerium. Zuerst soll es eine Analyse geben und danach eine große Förderkonferenz. Wir hoffen, mindestens in die zweite Stufe zu kommen. Unabhängig davon bringen wir aber auch selbst eine Finanzierung.

Sponsoren? Da wir keine so große Öffentlichkeit wie Fußball haben und allein in Berlin insgesamt 140 Erstligisten um Großsponsoren ringen, gehen wir über unser Konzept und organisieren Spielerpatenschaften. Firmen und Privatiers unterstützen den Verein mit einer Patenschaft in Höhe von 300 Euro monatlich. Denen kann es dann passieren, dass sie in ein paar Jahren bei Olympia vor dem Fernseher sitzen und sagen: „Schau mal, das Mädel haben wir damals unterstützt!“

Die Wahrscheinlichkeit ist ja nicht so gering, oder? Drei bis vier Spieler pro Jahr bekommen wir in die Nationalmannschaft. Wir sind quasi der Zulieferer für die Bundesligaclubs, und eine Olympiateilnahme ist unser erklärtes Ziel.

Wo liegt der Unterschied zwischen Hallen- und Beachvolleyball? Im Jugendbereich trennen wir das gar nicht mehr, weil die Grundtechniken bei Angreifen, Annehmen und Zuspielen gleich sind, nur die Feinheiten sind anders. Als Beachvolleyballer braucht man eine andere Persönlichkeit als in der Halle. Bei einem Sechserteam kann ich mich von meinen Kollegen unterstützen lassen und muss nicht alle schweren Aufschläge annehmen. Beim Beachvolleyball hingegen kann einem niemand etwas abnehmen.

Klingt härter. Ja, Beachvolleyball ist „grausamer“, weil die Taktik so läuft, dass einer alle Aufschläge bekommt, während der andere nur Zuspieler ist. In der Halle hingegen kann man als Coach auch mal jemanden auswechseln. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Talente in der Halle gefunden und dann kombiniert ausgebildet werden.

Also trainieren sie Hallen- und Beachvolleyball? Ja. Seit zwei Jahren legen die Bundestrainer von Beach und Halle gemeinsam fest, wer von den Top-Kadern welchen Schwerpunkt macht. Ein Jahr später wird dann wieder entschieden, wer Halle oder Beach weitermacht und spezifischer trainiert. Auch das kommt vor: Nationalspielerin Maggie Kożuch, eine Gallionsfigur des deutschen Hallenvolleyballs, die Profi in Russland, Polen und Italien war, tritt mit 30 Jahren jetzt im Beachvolleyball an.

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