Vom Parkplatz in den Profisport

Auf dem Sachsenring wurde Sven Markert Zweiter und landete damit erstmals vor seinem Vater (ganz rechts) auf dem Siegertreppchen - Fotos: Patrick Holzer

Erst Kupplung langsam kommen lassen, dann ganz sanft auf das Gaspedal – für viele Fahrschüler ist das der Horror, für Sven Markert war es der Start einer Traumkarriere. Als 16-Jähriger wurde der Berliner von seinem Vater Lars Harbeck ins kalte Wasser geschmissen.

Wenige Stunden vor seinem ersten Autorennen saß Markert erstmals hinter dem Steuer eines Autos und übte Schalten. Sein Vater hatte den Filius kurzerhand rekrutiert, um den Weg zum Meistertitel abzusichern. Lars Harbeck fuhr bereits vor der Wende Rallyes in West-Berlin. 2001 startete er nach längerer Pause sein Comeback und machte sich fortan in der Rundstreckenszene einen Namen. Der Funke sprang indes erst spät auf seinen Sohn über. „Ich hatte als Kind kaum etwas mit Kartfahren am Hut. Wir gingen vielleicht zwei Mal im Jahr Leihkart fahren“, erinnert sich Markert. Doch 2014 packte den jungen Berliner plötzlich das Fieber. „Ich schleppte meinen Vater zu jeder Leihkartveranstaltung in Berlin und Brandenburg. Und wollte mehr.“

So kam es, dass Sven Markert Ende des Jahres, noch ohne Führerschein, im Cockpit eines Rennautos saß. Für die Mehrzahl der Nachwuchstalente ist das an sich nichts Ungewöhnliches. Meist schon mit 15 werden große Karrieren gestartet. Aber diese haben da bereits unzähligen Testfahrten und jahrelange Rennerfahrung im Kart hinter sich. Sonderlich weit kam Markert bei seiner Premiere jedenfalls nicht. Gleich in der ersten Kurve drehte sich der Debütant. „Nasse Strecke und Vom Parkplatz in den Profisport Erst Kupplung langsam kommen lassen, dann ganz sanft auf das Gaspedal – für viele Fahrschüler ist das der Horror, für Sven Markert war es der Start einer Traumkarriere. Als 16-Jähriger wurde der Berliner von seinem Vater Lars Harbeck ins kalte Wasser geschmissen. Curbs funktionieren nicht, aber woher sollte ich das schon wissen? Ich war nie ein Kind von Traurigkeit und probiere die Sachen schnell aus. Und natürlich geht da mal etwas schief“, so Markert. Entmutigen ließ sich der Youngster nicht. Ganz im Gegenteil. Zumal Papa Lars am Ende den Titel in den Händen hielt. Die Belohnung für die Hilfe beim Titelgewinn – im folgenden Jahr durfte Markert seine erste komplette Rennsaison bestreiten. Der Junior bedankte sich auf seine Weise. Er fuhr prompt zum Meistertitel im ADAC Chevrolet Cruze Cup.

Am Nürburgring stand Sven Markert erstmals ganz oben auf dem Treppchen

Der Meistertitel sollte nur ein Zwischenziel sein. Denn Markert wollte höher hinaus. Bereits in der laufenden Saison hatte der schnelle Berliner Gaststarts in unterschiedlichen Rennserien absolviert. Ein besonderes Erlebnis waren die Rennen der Spezial Tourenwagen Trophy (STT). Hier waren bis zu 40 Sportwagen mit teilweise weit über 700 PS mit von der Partie. „Es war eine ganz andere Welt. Das war echt beeindruckend“, erzählt Markert. Etwas mit mehr Pferdestärken musste her. Für das Jahr 2016 sollte es schließlich ein BMW M3 mit um die 400 PS sein. Genau wie sein Vater wollte Markert die komplette Saison in der STT absolvieren. Die Serie trat vornehmlich im Rahmen des ADAC GT Masters vor gut gefüllten Tribünen an. Der Umstieg auf den deutlich leistungsstärkeren und heckgetriebenen BMW klappte auf Anhieb. „Es war großartig, so viel Leistung zu kontrollieren. Auch wenn diese zu Beginn auf 300 PS begrenzt wurde. Das Programm, welches die Leistung kontrollierte, haben wir im Team liebevoll Kindersicherung getauft“, grinst Markert bei der Erinnerung an seine erste Ausfahrt.

Während Lars Harbeck als Mitfavorit auf den Titel startete, hatte Markert indes keiner auf dem Schirm. Zumal die Konkurrenz stark war. Schon bei der zweiten Veranstaltung schnupperte der Newcomer erstmals Führungsluft. Bis zum August musste Markert auf seinen ersten großen Erfolg warten. Auf dem Nürburgring schlug der BMW-Pilot gleich zwei Mal zu und kämpfte plötzlich um den Meistertitel. „Es war ein tolles Gefühl vor allen Gegnern zu sein“, fand Markert. Drei weitere Siege ließ er folgen. Das reichte zwar nicht zum Gesamttitel, doch in der Division 2 schnappte sich Markert den Titel. Damit verwies er ausgerechnet seinen Vater auf Rang zwei. „Wir waren uns von Beginn an einig, dass es einen klaren Unterschied zwischen zu Hause und auf der Rennstrecke gibt. Zusammen haben wir die Zeiten analysiert, uns gegenseitig Tipps gegeben und viel Spaß gehabt. Doch wenn es wirklich auf die Strecke ging, war er für mich ein Gegner wie jeder andere“, beschreibt der damals frisch gebackene Abiturient die Situation im Familienteam. „Und als Gegner ist er wirklich knallhart. Da gibt es keine Geschenke“, schiebt er noch schnell nach.

Für die neue Saison hat Markert den nächsten Karriereschritt gewagt. Der Berliner wird in der ADAC TCR Germany antreten. Hier kämpfen 2-Liter-Tourenwagen von Seat, Volkswagen oder Honda gegeneinander. Die Rennen können live im Fernsehen verfolgt werden. Ende des Jahres präsentierte zudem Audi sein Einsatzgefährt. Audi RS3 LMS nennt sich die jüngste Schöpfung der Ingolstädter. Mit dem rund 330 PS starken RS3 wird Markert auf harte Konkurrenz treffen. Denn in der TCR sind viele Profis am Start. Das Projekt geht der zukünftige TCR-Pilot mit Thomas Kramwinkel als Teamkollegen an. Beide kennen sich aus der gemeinsamen STT-Saison. „Meine Erwartungshaltung ist nicht so hoch, ich bin da eher Realist. Es ist schon ein Riesen-Sprung. Ich sehe die Saison eher als Lehrjahr. Mein Traum wäre definitiv mal einen Podestplatz zu erreichen“, umschreibt Markert die Erwartungen.

Für Markert könnte das Engagement in der TCR der nächste große Schritt sein. Zumal er voll auf die Karte Motorsport setzt. Mittlerweile arbeitet Markert als Fahrsicherheitsinstruktor. Firmen oder Privatleute können den jungen Rennfahrer buchen, um einmal selbst zu lernen, wie man ein Auto flott bewegt. „Natürlich steht auch der Audi für Showevents oder Messen zur Verfügung. Dazu können wir Besuche im Rahmen des ADAC GT Masters organisieren“, beschreibt Markert die Möglichkeiten. Denn eines hat der junge Motorsportler auch gelernt. Motorsport ist teuer und da braucht es eben Partner, die weitaus mehr tun als nur Daumen zu drücken. Und vielleicht wird ja bald der nächste Sieg bejubelt.

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